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Militäruhren der Bundesmarine
IWC Beobachtungsuhren Cal. 67
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Auf 'U 18' tickt es

Von Manfred Fritz
IWC Watch International Nr. 3 März 1992

Auch der 'Hai' hat ein Herz aus Schaffhausen. Will heißen: Auf jedem U-Boot der deutschen Bundesmarine fährt als mechanisches Zeitnormal eine Taschenuhr von IWC mit. Wir waren mit 'U 18' auf Tauchfahrt in der Ostsee.

Kalt und schmutziggrau liegt der Wintermorgen über dem Stützpunkt. Durch die Dunkelheit hasten ein paar Männer, eingepackt in ihr dickes Olivzeug, zum Pier. Aus den Pappkartons, die sie tragen, schauen frische Brote und Kakaotüten. Sieben Uhr. Nass glänzen durch den Nebel die schmalen Türme der drei dicht aneinander liegenden U-Boote, deren runde Bäuche nur eine kleines Stück aus der trüben Ölbrühe des Hafens herausragen. Noch hängen die 'Haie' an der Kette, genauer: an dicken Tauen. Ein U- Boot-Tag bei der deutschen Bundesmarine beginnt.

Aus dem Halbdunkel formiert sich plötzlich eine lockere Reihe Soldaten. Der Kommandant, erkenntlich an seiner weißen Mütze und vielleicht noch an dem roten Halstuch, wünscht einen guten Morgen und stellt sich kurz vor. Ein drahtiger junger Bursche mit wachen Augen und einem lustigen Zug um den Mund unter dem Schnurrbart: 'Ich heiße Wolfgang H., Sie sind offenbar mein Gast heute', das ist es schon. Keine Floskeln, keine übertriebenen Höflichkeiten. Natürlich, wir sind bei den U-Boot-Fahrern. Da ist alles ein bisschen anders, vom Anzug angefangen. Rangabzeichen fehlen fast völlig.

So schnell wie ein Mofa
Unten am Wasser brüllt hin und wieder ein Diesel auf, erinnert an das Geräusch einer schweren Lok und erstirbt wieder. Das Ablegen der zwei anderen Boote geschieht völlig geräuschlos, so, als ob sie von einer Strömung von der Pier weggezogen würden. Fahrt unter E-Maschine, dem Hauptantrieb der kleinen, aber äußerst tauchtauglichen Schiffe. Die je zwei Diesel zu 900 PS laden nur die Batterien und pumpen Frischluft in die Stahlröhre.

Die Besatzung von 'U 18' ist mittlerweile unter Tage. Der Einstieg durch die seitliche Eisentür in den schmalen Turm erfordert etwas Akrobatik. Alles, was man anfasst, ist feucht und kalt, deshalb die Handschuhe, sie gehören wie ein Erkennungszeichen zum U-Boot-Fahrer. Durch das Turmluk dringt schwaches Licht von unten aus dem Bauch des Bootes, das unter der Wasserlinie liegt. Der Kommandant, sein Erster Wachoffizier, ein Offiziersschüler, der gleich ein paar Manöver fahren soll, und ich auf der Brücke, die eigentlich nur einen etwas verbreiterten Rand um das gähnende Turmluk herum darstellt, mit einer brusthohen Verkleidung, die gegen das Herunterfallen schützt. Als hätte der 'Alte', der mit 30 Jahren eigentlich noch ein relativ Junger ist, meine Gedanken erraten, sagt er: 'Einundzwanzig Mann sind ein Rekord.' Das Gefühl, nie recht zu wissen, wo man hintreten soll, unterstreicht seine Bemerkung.

'Achtung, alles los und ein, ablegen', spricht er ins Mikrophon. Auf der breiten Bugnase mit dem Sonar-Lauscher unter der Blechverkleidung werden die Leinen eingeholt. 'Ruder hart Backbord, Welle 40 Umdrehungen', Kommandos von der Brücke zur Maschine und zum Ruderstand. Nur auf dem Türm hat das Boot, das vom Pier weg schwenkt, jetzt noch Augen. Von unten kommen die knappen Rückmeldungen: 'Welle hat 40 Umdrehungen, Ruder liegt hart Backbord.' Das Schiff und seine Besatzung befinden sich auf Manöverstation, jeder Experte an seinem Platz, um auf die Kommandos von oben sofort reagieren zu können. 'Aufwärts!' ruft es von tief unten, ein Soldat klettert an den Sprossen den engen Schacht hoch. Es ist der Smut, der sich eine Zigarette anzündet. Unten ist 'Nichtraucher' für alle.

Selig, die nicht sehen...
Am Horizont tauchen die Umrisse einer Fregatte auf. 'Nebelfahrt auf Radar', befiehlt der Kommandant. Ringsum nur noch eine graue Suppe. Das Boot rollt merklich in der Längsachse. Als der 'Alte' dann 'AK-vor- aus', also volle Pulle, befiehlt, wieder das ungläubige Staunen: Kein Motor brüllt auf, nur das Geräusch von Gischt und die flaschengüne See, die jetzt über die Bugnase kommt, machen die zwölfeinhalb Knoten spürbar. Unter Wasser geht es noch fünf Knoten schneller. Das Schiff ist in jeder Hinsicht als Taucher konstruiert. 'Wir sind ungefähr so geschwind wie ein Mofa', scherzt der Kommandant, dem es bei eisiger Kälte auf der Brücke offenbar auch ungemütlich wird. 'Fertig machen zum Tauchen!', ruft es aus allen Lautsprechern. Jetzt kommt, vor allem in der schiffstechnischen Zentrale, Leben in die Bude. Das Boot muss ausgesteuert werden, eine diffizile Arbeit in der so genannten Plantschecke mit ungefähr vierzig Ventilen, farbigen Hebeln und Hand- rädern an den Zuleitungen zu den Tauchtanks und den Trimmzellen.

Auf der Brücke laufen die Rückmeldungen ein: 'Unterdeck tauchklar.' Auf dem Türm wird der Fahnenmast eingeholt, und das 'Brückensofa' wird verstaut - ein gepolstertes Brett für einen manchmal dankbaren Hintern. Der Kommandant, und nur er, schließt beim Hinuntersteigen nacheinander das schwere Turmluk und anschließend das Zentralluk, das unmittelbar auf dem Druckkörper des Bootes aufliegt. Darüber hinausgehende körperliche Anstrengungen werden ihm, wie ein Maat spöttisch anmerkt, nicht abverlangt.

Das Boot befindet sich jetzt auf Tauchstation. Ruhige Konzentration an Bord. Bevor der 'Alte' fluten lässt, noch ein kurzer Gang durch sein Reich, das vom Bug bis zum Heck knapp 50 Meter misst und an seiner breitesten Stelle vier Meter im Durchmesser. Eigentlich eine kompakte Maschine mit einem verwirrenden Durcheinander von Rohren, Schaltern und Aggregaten, bei der an manchen Stellen kleine Plätze für die sie bedienende Mannschaft ausgespart sind. In der Zentrale, dicht neben dem jetzt ausgefahrenen Sehrohr, fällt ein handgeschriebener Zettel ins Auge: 'Selig, die nicht sehen und doch glauben, Johannes 20.'

Der IWO, des 'Alten' Stellvertreter an Bord, meint etwas zu sehen und meldet ein Fischereifahrzeug voraus. Das hat freilich der Zweite Wachoffizier, der an den elektronischen Ohren des Schiffes hängt, längst ausgemacht. Dort, am Horchgerät, zeichnen sich die Schraubengeräusche als interessantes, übrigens unverwechselbares graphisches Muster auf dem grünfluoreszierenden Monitor ab. Mit der Schallmessanlage werden noch ein halbes Dutzend andere Schiffe auf ein paar Meter genau geortet. Daß der Computer den 'Fingerabdruck' der Schraubengeräusche auch aller Kriegs- schiffe kennt, der befreundeten und der anderen, versteht sich. Selig, die nicht sehen...

Ein Druckposten auf dem U-Boot-Klo
Der Befehl zum Abtauchen wird gegeben - 'Fluten, auf elfeinhalb Meter gehen'. Der Kommandant möchte nämlich vorweg, auf geringer Tiefe, noch eine Spezialität seines Schiffes vorführen, das 'Schnorcheln'. Das Boot neigt sich kaum merklich nach vom, taucht aus der Fahrt heraus mit Hilfe der angelegten Ruder tiefer. Während aus der etwa WC-großen Kombüse des Kochs bereits verlockende Essensdüfte durch das Schiff ziehen, zischt plötzlich Pressluft in die Trimmzellen. Die eisernen Flurplatten über der Bilge kommen wieder in die Horizontale. Der Schnorchel mit dem praktischen Rückschlagventil, das ein Eindringen von Seewasser und damit das schnelle Ende der beiden Diesel verhindert, fährt in die Höhe. Und schon ist die Lärm-Hölle los, mit mindestens 80 Phon vor dem mit einem Lärmschott abgetrennten Maschinenraum. Plötzlich das erste Unterschneiden des Schnorchels in den Wellen der aufgewühlten Ostsee. Der Ton verändert sich, und schon fallen die Ohren zu. Der Diesel saugt nämlich jetzt, solange das Rückschlagventil zu ist, seine Luft aus dem Bootsinnern. Die Nadel des Barometers fällt von vorher 1000 fast schlagartig auf 900 Millibar und noch etwas tiefer. Bei 800 schaltet die Maschine ab. Bis 500 soll der Zeiger einmal gerutscht sein, als die Abschaltautomatik versagt - ein Leben im Vakuum, das keiner lange durchsteht. Jetzt liegt es an den Rudergängern, es mit der Mannschaft nicht zu verderben. Der ständige Abfall bzw. Anstieg des Innendrucks legt in kürzester Zeit die Nervenenden aller Beteiligten frei.

Der 'Alte' hat ein Einsehen und lässt auf dreißig Meter tauchen. Ein ruhiges Plätzchen für das Mittagessen, das 'punkt halb zwölf' einzunehmen die Übung ist. Da meldet auch schon 'K an K (Koch an Kommandant), Essen ist fertig'. Der 'Alte' auf dem Weg zur Offiziersmesse frozzelt: 'Unser Fleisch lässt sich auch dann noch kauen, wenn nach einem Wasserbombenangriff schon das Gebiss herausgefallen ist.' Den Smut im Rang eines Obermaats lassen solche Sticheleien kalt. Gefechtsmäßig hat er zwar einen echten Druckposten: er bedient nämlich auf der einzigen Toilette (plus Salzwasserdusche) an Bord im Notfall die Signalraketenanlage. Aber an seiner Kocherei hängt, gerade bei Tauchfahrten von zwei oder drei Wochen, die ganze Stimmung an Bord. Der Kommandant hat ihm sogar das Brötchenbacken in dem kleinen Elektroofen durch einen Profi beibringen lassen, 'denn die ersten Exemplare waren klein und so hart wie Fünfmarkstücke.' Der ersten Schicht, die sich an dem schmalen Tisch mit den Schlingerleisten zum Essen niederlässt, schmeckt es. Bald drängt es auch die zweite Hälfte der Crew in Richtung Messe. Das Prinzip des warmen Platzes, ob am Tisch oder in der Koje, gehört zum U- Boot-Alltag. Nur der Smut und der Kommandant haben ein Nachtlager, das sie nicht im vierstündigen Wachrhythmus mit einem Kameraden teilen müssen.

Die IWC fährt immer mit
Aber was heißt da schon Nacht auf einem U- Boot, wo man sich immer vorkommt, als stünde man im engen Flur eines kalten Heizungskellers. Nach ein paar Tagen ist dieser Unterschied sowieso aufgehoben. Die Alternative heißt dann nur noch: Wache oder Freiwache. Die Uhr in der mit Elektronik vollgestopften Operationszentrale ersetzt den Hell-Dunkel-Wechsel an Land. Dort, an der Feuerleitanlage, wo im Gefecht die Torpedos aus acht Bugrohren abgeschossen werden können, drahtgelenkt oder mit automatischen Suchköpfen, die zum Beispiel auf bestimmte Schraubengeräusche reagieren, erklärt der Kommandant das Verfahren. Dort wird die vorberechnete Laufzeit der Torpedos nach Sekunden mit der Stoppuhr gemessen, dort addiert die Uhr aber auch die Gesamttauchzeit des kleinen Bootes während eines Einsatzes und damit die Überlebensspanne der gesamten Crew. Denn irgendwann geht hier im Keller nicht nur das Licht, sondern auch die Luft aus, wenn das Boot nicht wenigstens so weit unter die Wasserlinie tauchen kann, dass man den Schnorchel ausfahren kann. Der 'Alte' holt aus einem Schapp ein kleines Nussbaum- Kästchen, zieht den Schieber aus Plexiglas hoch und holt das gute Stück heraus: eine IWC-Stahltaschenuhr, 'für den äußersten Fall, dass die Elektronik komplett den Geist aufgegeben hat'. Das mechanische Zeitnormal, Cal. 792, wird jeden Morgen vom Ersten Wachoffizier aufgezogen.

'Ich glaube, Sie sollten mal wieder an die frische Luft' - der Kommandant gibt den Befehl zum Auftauchen. Klappe auf, der Himmel ist noch da, grau zwar, aber ohne Neonlampen. Jetzt das Brückensofa hoch und dann eine Zigarette.

Die eiserne Zeitreserve im Präzisionsholzkasten
Was die 'eiserne Reserve' ist, weiß jeder Soldat: Einsatzverpflegung in Do sen. Daher stammt auch der Begriff. Bei der 'eisernen Zeitreserve', mit der unter anderem die U-Boote der Deutschen Bundesmarine ausgestattet sind, stimmt die Begrifflichkeit insofern auch, als es sieb dabei um die IWC Taschenuhr mit Edelstahlgehäuse, Ref. 5301, bandelt. Sie wird in der zivilen Variante seit 35 Jahren mit römischen Ziffern und kleiner, dezentraler Sekunde angeboten.

Die IWC als militärische B-Uhr weicht nur im Zifferblatt vom zivilen Modell geringfügig ab: Schwarze arabische Ziffern, nichtleuchtend, Zifferblatt versilbert, Gravur der Eigentumskennzeichnung 'BUND' und der Versorgungsnummer 6645-12-151- 5867 in der Mitte des Gehäusebodens. Das Werk, 'Cal. 792', mit einem Durchmesser von 37,8 mm, einer Höbe von 4,4 mm, 18000 Halbschwingungen/s, 19 Steinen, einem Hebungswinkel (der Unruh) von 40 Grad, einer Nivarox-Spirale I. Qualität in Breguet-Form, einer Gangdauer von 40 Stunden und einer Schwanenhalsfeinregulierung plus Feinstabgleich mittels Regulierexzentern auf den Unruharmen, übertraf auf Anhieb die Kriterien der strengen militärischen Anforderungen. Der Kenner weiß es: Das 'Cal. 972' zählt zu den besten je hergestellten Taschenuhrwerken und ist von Helmut Mann ('Portrait einer Taschenuhr') ausführlich gewürdigt worden. Die Deutsche Bundesmarine hat also eine gute Wahl für ihre 'eiserne Zeitreserve' getroffen.

Was der Zivilist zu seiner IWC Taschenuhr allerdings nicht mit erwerben kann, ist der Präzisionsholzkasten, den die Bundesmarine nach genauen Maßgaben mit in Auftrag gab: Länge 130 mm, Breite 66 mm, Höhe 28 mm, geschliffen, mit gebrochenen Kanten, nussbaumfarbig gebeizt, ausgestattet mit einem Schieber aus glasklarem Kunststoff, der oben eine angeleimte hölzerne Griffleiste aufweist und der nur zum Stellen und Aufziehen der Uhr hochgezogen wird. Der Schieber soll, so verlangt es die Bestellorder 'zügig in die für ihn vorgesehenen Nuten des Holzbehälters' gleiten. Der Tragekasten ist innen mit 2 mm dickem, säurefreiem Filz ausgeschlagen und mit einem Haken zum Einhängen der Uhr versehen. Für Bastler, die ihre '530l' künftig U-Boot-mäßig verstauen wollen, eine echte Aufgabe. Unser Holztip: Nussbaum, Buche, Erle, Teak oder Mahagoni.

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