Homepage
Militäruhren:
Porträt eines Enthusiasten
Von Iris Wimmer, in 'Chronos, Sonderheft Sportuhren', Juli 1998

Militaruhren üben eine unvergleichliche Faszination auf Konrad Knirim aus. Ihre prazise Mechanik, die Ästhetik des Außeren die Verwendung als Instrument - all dies begeistert den Maschinenbauingenieur und promovierten Physiker aus Düsseldorf. Eine Leidenschaft der Knirim seit 1985 frönt. Damals trennte er sich von seinen mit Liebe restaurierten Oldtimer-Motorrädern und ließ sich von einem Nachbarn mit dessen Interesse für Fliegeruhren anstecken. Fünf auf einer Auktion erstandene englische Fliegeruhren im klassischen Design bildeten den Grundstock seiner Sammlung. Es folgten weitere Flieger- und Militäruhren, B-Uhren und Taschenuhren, später auch Wand-und Borduhren sowie Chronometer.

Heute besitzt der 56jährige etwa 300 bis 400 Militäruhren aller Art, die alle im Banktresor aufbewahrt werden. Das eine oder andere Stück ist Knirim natürlich besonders teuer. 'Das wechseIt jedoch immer wieder', sagt er. Derzeit ist sein Favorit der Tutima Fliegerchronograph' der 1941 von der UFAG in Glashütte gebaut wurde. Die Uhr mit dem schlichten und klassischen Chronographendesign hat ein schwarzes Zifferblatt Nickelgehäuse sowie ein auffallend vergoldetes Werk und wurde von deutschen Reichs-Luftwaffe eingesetzt.

Zu den Lieblingsstücken gehört auch eine sehr große Rolex-Kampfschwimmeruhr aus dem Jahr 1939 mit Stahlgehäuse und schwarzem Zifferblatt. Die Rolex wurde von der deutschen Reichs-Kriegsmarine eingesetzt. Eine Besonderheit ist die Gravur auf dem Gehäuseboden: 'Zur Erinnerung an meine Kampfschwimmerzeit 1945'. Getragen werden diese Uhren von dem Sammler jedoch nicht viel, lieber sieht er sie nur an. Im täglichen Leben nutzt er lieber zivie' Uhren, bevorzugt die IWC Ingenieur, weil sie robust und angenehm zu tragen ist.

Faszinierend findet Knirim auch seinen Sonnenkompaß von der Firma C. Plath in Hamburg: 'Das hat mit einer gewissen Nostalgieliebe zu tun. Das ist eben eine Technik, die heute nicht mehr genutzt wird', erklärt Knirim. Das Instrument von 1943 ist mit einer 24-Stunden-Uhr von Junghans ausgestattet, die den Gang der Sonne nachzieht und eine Richtungsbestimmung mit Hilfe der Sonne möglich macht. Doch auch Stoppuhren reizen den Sammler:

'Sie sind weniger uhrmacherisch, als vielmehr militärisch interessant. In vielen komplizierten Luftfahrtinstrumenten sind relativ einfache Stoppuhren, die auf verblüffende Art genutzt werden'. Das Uhrmacherische Konrad Knirim traut er sich weniger zu. 'Ich schraube möglichst nicht am Uhrwerk', schmunzelt er. 'Wenn irgend etwas defekt ist, gebe ich die Uhr dem Uhrmacher'.

Konrad Knirim hat sich in den vergangenen Jahren voll und ganz seiner Liebhaberei verschrieben. Aus dem Hobby wurde beinahe eine Vollzeitbeschäftigung. Mit Akribie und Liebe vertiefte sich Knirim auch in Dokumente über MiIitäruhr- sowie Navigations- und Luftfahrtinstrumente. Jedes Stück, das durch seine Hände geht, wird mit Bild und allen erhältlichen Informationen katalogisiert.

Dieses Wissen behält der ehrgeizige Sammler nicht für sich: Er steht mit Kollegen auf der ganzen Welt in Verbindung und hat sogar eine eigene Homepage im Internet, auf der er Militäruhren zeigt und viele Informationen gibt (http.//home.t-online.de/home/konrad.knirim). Außerdem faßte Knirim in den vergangenen zwei Jahren seine Unterlagen in mühevoller Detailarbeit zu einem Buch zusammen, das im August erscheint. Diese Arbeit sowie seine eigene Seite im Internet konnte er mit seinem Interesse für Computer verbinden, da er das Buch am heimischen PC erstellt hat.

Überhaupt ist Konrad Knirim sehr vielseitig interessiert. Politisches Geschehen bewegt ihn, für Menschen und ihre Geschichten ist er stets offen. Bei einer derartigen Vielseitigkeit ist es kein Wunder, daß Knirim ein sehr jung-gebliebener 56jähriger ist.

Die individuelle Geschichte seiner Uhren kennt Knirim nur selten. So bedeutet es um so mehr, von einem Stück - das Knirim schließlich kaufte - zu wissen, daß dessen Besitzer während des zweiten Weltkrieges mit dieser Uhr am Handgelenk verschüttet und später sogar in russischer Gefangenschaft war. Die Geschichte eines ehemaligen DDR-Bürgers hat Knirim ebenfalls sehr bewegt. Der Mann berichtete von seinen Erfolg und seiner Karriere zu DDR-Zeiten, von seiner Armut seit der Wende und verkaufte schließlich seine Uhr an Konrad Knirim.

Solche Zusammenhänge machen einen ganz normalen Zeitmesser für Knirim erst wertvoll. Und so begibt er sich oft auf Spurensuche, um mehr über eine Uhr zu erfahren. Seine Leidenschaft für Uhren bestitnmt das Leben von Konrad Knirim. Bei allem was er tut, hat er stets seine Liebhaberei im Blick. Planen er und seine Frau eine Reise, so will sie Sehenswürdigkeiten besichtigen, er hingegen sucht sich Museen, Märkte und Händler am Urlaubsort heraus: 'Ich reise unwahrscheinlich gerne, und wenn ich dies mit meinen Uhren verbinden kann, macht es noch mehr Spaß', sagt er.

Trotz aller Faszination für Militäruhren ist Konrad Knirim nicht blind gegenüber dem Hintergrund des Einsatzzwecks, nämlich dem Krieg. 'Wenn ich eine U-Boot-Uhr in Händen halte, kann ich nicht nur an die Breguet-Spirale oder das Lange-Werk denken, sondern dann muß ich auch an die armen Männer denken, die in diesem eisernen Sarg gefangen waren', sagt er. Und manchmal kann sich Knirim sogar ein Leben ohne Uhren vorstellen: Vielleicht bekehre ich mich noch mal zu mir und der Natur, verkaufe meine Uhren und betrachte dann die Blumen beim Wachsen statt vermeintlich perfekte Feinmechanik oder höre die Heckenbraunelle singen statt des Tickens der Ankerhemmung; und das statt im Tresorraum einer Bank in meinem eigenen Garten'.

>
Zurück zum Seitenanfang