Militäruhren:>
Marine-Chronometer aus Glashüttevon Christian Schmiedchen, veröffentlicht in 'Uhrenjournal für den Sammler' 8/91
Klassische mechanische Marinechronometer aus Glashütte zählen heute zu den weltweit gefragten Sammlerobjekten. Zur Freude aller Sammler und Liebhaber gibt es heute noch einige wenige dieser feinen, hochpräzisen Geräte, die umhüllt mit edlem Holz oder Edelmetall eine vollendete Einheit bilden und daher begehrte 'Vorzeigeobjekte' sind. Im folgenden hat Christian Schmiedchen, Mitarbeiter des traditionsreichen Glashütter Uhrenbetriebes interessante Informationen zu diesem 'See-Klassiker' zusammengetragen.
Über mehr als ein Jahrhundert hat sich in Glashütte (Sachsen) das Wissen und das Geschick für die alte Kunst des Chronometermachens erhalten. Und mit den neuen Aufgaben der Glashütter Uhrenbetrieb GmbH, die sich dieser Tradition und diesem Ruf verpflichtet fühlt, ist das klassische Marinechronometer; Kaliber 100, das nach 1948 wieder gebaut worden war, zu neuem Leben erweckt worden: Etwas mehr als 100 kostbare, alte Exemplare konnten von der Fischfangflotte zurückgekauft und Original-getreu restauriert werden. Davon sind heute freilich nur wenige Exemplare vorhanden.
Bereits vor der Grenzöffnung waren 23 kostbare alte Bauelemente zur Herstellung des begehrten 'See-Klassikers' von Glashütte nach Hamburg transferiert worden, was seinerzeit für erhebliche Schlagzeilen gesorgt hatte. In Glashütte selbst wurden nach Einstellung der Produktion Mitte der 70er Jahre noch wertvolle Ersatzteile vorgehalten. Im Prinzip wäre es durchaus möglich, die mechanische Chronometer-Fertigung wieder aufzunehmen. Hier der Bericht von Christian Schmiedchen.
Wohl selten wurde über Einzelteile für Schiffschronometer so viel in der Tagespresse geschrieben, wie über die aus Glashütte noch vor der Öffnung der Grenzen nach Hamburg transferierten 23 kpl. Unruhen der Firma Grießbach, die vor über 30 Jahren hergestellt wurden. Empfänger dieser kostbaren Bauelemente waren die Wempe Chronometerwerke, die nun mit diesen Unruhen ebenso viele mechanische Chronometer bauen wollen, gewiss zur Freude der Liebhaber und Sammler solcher Geräte.
Mit der Übergabe der Teile wurde die 45-jährige Unterbrechung der Zusammenarbeit zwischen den Chronometerfirmen in Hamburg und Glashütte wieder belebt - allerdings auf etwas geheimnisvolle Art und Weise. Für die deutschen Chronometerbauer war es selbstverständlich, dass man Unruhen der Firma Carl Kohl und der später gegründeten Firma Richard Grießbach, einen Schüler Kohls, verwendete. 1958 ist dann die Fertigung der Unruhen in die Glashütter Uhrenbetriebe übernommen worden - allerdings hat man auch ab diesem Zeitpunkt die bekannte Stempelung RGG (Richard Grießbach Glashütte) entfallen lassen.
Es wird den Lesern dieser Zeitschrift aus der Fülle der Beiträge über Glashütte und seiner Produkte sicherlich bekannt sein, dass die heutige Firma Glashütter Uhrenbetrieb GmbH aus der berühmten Firma A. Lange und Söhne durch staatliches Dekret zur Enteignung hervorgegangen ist. In die Glashütter Uhrenbetriebe sind fast alle stadtansässigen und umliegenden Uhren- und Uhrenteilehersteller sowie die meisten der feinmechanischen Betriebe integriert.
Das Produktionsprofil bei Uhren ist seit den letzten 10 Jahren immer stärker den modernen Fertigungsmethoden der Quarzuhrentechnik angepasst. Gegenwärtig geht man aber wieder auf die Fertigung hochwertiger mechanischer Uhren nach Schweizer Vorbild über.
Einen nicht unbedeutenden Fertigungsanteil haben mechanische Bauelemente, Geräte und Baugruppen, insbesondere solche für Laufwerke. Will man heute die früher staatlich angewiesenen Versäumnisse zur Historien-Aufarbeitung und Dokumentation ordnen, so ist das im Detail recht schwierig. Das trifft insbesondere auf die Herstellung von mechanischen Chronometern zu. Diese Lücke konnte auch nicht durch das Vorhaben, ein Uhrentraditions-Kabinett 1984 einzurichten, geschlossen werden, da die Zugriffsfähigkeit für viele Produkte zumeist durch den Mangel an notwendigen finanziellen Mitteln seitens staatlicher Organe und anderen fehlendem Verständnis für solche Dinge scheiterte.
Ein weiterer Aspekt ist die Sammelleidenschaft für Glashütter Erzeugnisse, die bereits zu viel von der ehemals vorhandenen Substanz abgesaugt hatte. Leider führt das Bedürfnis, Glashütter Produkte zu besitzen, auch dazu, dass wertvolle Ausstellungsstücke des Traditionskabinettes nach einem nächtlichen Einbruch nun fehlen.
Die Erfindung und der Bau von Schiffschronometern ist bereits sehr umfassend durch Gould und v. Bertele dokumentiert, so dass hier auf eine Abhandlung dazu verzichtet wird. Allgemein trifft das auch auf Glashütter Marine-Chronometer zu, doch es gibt noch einige interessante Aspekte, die bisher nicht dokumentiert sind. Warum man in. Glashütte erst relativ spät mit dem Chronometerbau begann, obwohl man sich bereits mit der Herstellung von hochpräzisen Sekundenpendeluhren neben der Fertigung von superfeinen Taschenuhren beschäftigte und durchaus die Bedeutung von Schiffschronometern kannte, lässt sich heute nicht beantworten. Eine solche Fertigung einzurichten, kündigte Lange bereits in einem Schreiben vom 14.1. L844 an den Geheimen Regierungsrat des Landes Sachsen von Weißenbach an (Festschrift zum 75-jährigen Firmenjubiläum).
Begonnen hat die Chronometerfertigung in Glashütte 1886 mit der nachweislichen Beschickung von 2 Chronometern der Nr. 1 und 3 durch Emil Lange zur 10. Wettbewerbsprüfüng an die Deutsche Seewarte nach Hamburg. Nr. 3 bestand die Prüfung, aber Nr. 1 fiel wegen falscher Kompensation durch. Dieses Chronometer musste nach-reguliert werden. Es wurde nochmals zur Wettbewerbs-Prüfung 1891/92 eingeschickt und erreichte in der II. Klasse den 7. Platz.
Zur Prüfung 1897/98 erscheint bereits neben Lange ein neuer Name aus Glashütte: Jens Lauritz Jensen. Verfolgt man die Aufzeichnungen bis zur Prüfung 1911/ 12, erscheinen die Namen folgender Glashütter Hersteller: Lange, Jensen, Raabe, Strasser und Rohde und Union.
Ab 1019 bis 1933 reduziert sich der Kreis der Chronometerhersteller auf Lange, Gerstenberger und Raabe. Ab 1933 werden nur noch Lange Chronometer zur Prüfung geschickt. Bis dahin erreichte zahlreiche erste Preise sprechen für die ausgezeichnete Qualität Glashütter Marinechronometer.
Ab der 51. Wettbewerbsprüfung 1927/28 wird der Reguleur des Chronometers in den Aufzeichnungen mit-benannt. Als nachweislich sicher gilt, dass die Konstruktion des Chronometers des Glashütter Typs von Fridolin Stübner (unter theoretischer Anleitung von Prof. Strasser) aus dem Jahre 1885 stammt und der Bau der ersten Exemplare von den Gebrüdern Paul und Fridolin Stübner gemeinsam ausgeführt wurde. Paul Stübner arbeitete zu der Zeit bei Strasser und Rohde.
1905 gründete er selbst eine eigene Werkstatt in Glashütte, in der neben Chronometerrohwerken auch Beobachtungsuhren, verschiedenartige Kontakt- und Prazisionspendeluhren sowie technische Laufwerke hergestellt wurden.
Fridolin Stübner arbeitete bei der Firma F. Weichbild. Ab 1886 wurde er zur Firma Dürsten und Co. berufen und ab 1. Januar 1890 trat er bei der Firma Lange und Söhne in den Dienst, wo er bis zu seinem unerwarteten Ableben 1912 in Stellung blieb. Mit ihm als Regulär, neben seiner Arbeit als Hersteller der komplizierten Uhren und Tourbillons, begann die Erfolgsserie der Erreichung erster Prämien bei der Prüfung der Chronometer in der Hamburger Seewarte für die Firma Lange.
Bereits im Jahre 1900 bietet auch die Firma Strasser und Rohde fertige Chronometer und Rohwerke nach Preisliste an. Nicht genau bekannt ist das Datum der Konstruktion des Torpedoboot Chronometers.
In einem Artikel 'Ein Torpedoboot-Chronometer Kal. 48 von A. Lange und Söhne' aus dem Jahr 1944 wird 1918 als Entwicklungsjahr genannt, das stimmt nicht, denn nachweisbar wurden diese Chronometer von der österreichischen Marine in Auftrag gegeben und die Auslieferung der ersten 5 Chronometer mit Nr. 201, 205 erfolgte bereits am 25. Oktober 1913 an das K.u.K. Hydrographische Amt Pola, Istrien (heute Jugoslawien). Bis 1920 wurden 30 Torpedoboot-Chronometer gebaut. Die Nummerierung beginnt bei 201 bis 220 und geht weiter ab 23l bis 240. Weitere Serien folgten mit Nummern 501-512 und 526-540-insgesamt 57 Stück.
In den persönlichen Aufzeichnungen von Paul Thielemann findet man unter dem Datum 9.7.1922 'Beginn der Arbeit als Reguleur am Torpedoboot-Chronometer bei Lange. Das müssten allerdings Tätigkeiten an den letzten 10 Chronometern aus der Nummerngruppe 526 - 540 gewesen sein, für die es keine Verkaufseintragung in den Geschäftsbüchern der Fa. A. Lange und Söhne gibt. Dies war etwa 1 Jahr nach seiner Berufung zum Werkmeister und Abteilungsleiter. Sein Eintritt in die Fa. Lange war bereits 1905 allerdings zunächst als Gehilfe in der Räderwerksabteilung und ah 1912 betraute man ihn mit Gangsetzarbeiten am Chronometer. Das fällt zeitlich mit dem Tod von Fridolin Stübncr zusammen, als dessen Nachfolger er auch betrachtet werden kann.
Das Torpedoboot-Chronometer hat ein nur 56 mm großes Werk und im Gegensatz zum klassischen Chronometer, anstelle des Schneckenantriebes über Kette ein verzahntes Federhaus. Die Hemmung wurde funktionsmäßig als Federhemmung beibehalten, ebenso die kardanische Aufhängung des Instrumentes im Holzkasten, dessen Abmessungen (130 x 130 x 134) mm3 betragen. Das letzte in Glashütte befindliche Torpedoboot-Chronometer dieser Serie nahmen die nächtlichen 'Besucher bei ihrem Einbruch in das Traditionskabinett ebenfalls mit.
Der Hinweis in den Aufzeichnungen von O. Thielemann, dass noch im Jahre 1934 Chronometer mit englischen Rohwerken in Deutschland hergestellt und verkauft wurden, bezieht sich sicherlich nicht auf die Fa. Lange, sondern allgemein auf deutsche Fertigsteller und sagt aus, dass der Bedarf in der deutschen Marine an Chronometer nicht von Lange und den anderen Herstellern gedeckt werden konnte.
Laut statistischer Erhebung der SBG (See-Berufsgenossenschaft) sind 1934 immerhin noch 80% der in der deutschen Marine an Bord befindlichen Chronometer englischen Ursprungs. Deutsche Fischereidampfer sollen zu diesem Zeitpunkt sogar noch Chronometer mit mehr als 100 Dienstjahren an Bord gehabt haben.
Dass englische Chronometer auf deutschen Schiffen durch deutsche Chronometer ersetzt werden sollten, zeigt eine Aufzeichnung, der zufolge man ab 1936 'weitere Maßnahmen gegen englische Chronometer unternahm sicherlich nicht wegen mangelnder Gangleistungen. Im Jahre 1936 werden auch einige technische Änderungen am Chronometer ausgeführt.
Das betrifft folgende Details:
Von der Verwendung der Alu- oder Eisenzifferblätter ist man nach Aufarbeitung noch vorhandener Teile nach dem 2. Weltkrieg vollkommen abgegangen. Mit der Werknummer 1001 beginnt ab 1936 auch der parallele serienmäßige Bau von Ankerchronometern neben dem klassischen Chronometer.
- Änderung der Stahlschrauben in Messing, soweit möglich, z. 13. die Werkschrauben
- Ausführung des Sperrrades und der Sperrklinke in Messing
- Beridur-Zugfeder
- Nivarox-Spirale (bei Ankerchronometern)
- antimagnetische Unruh
- Zifferblätter aus Alu oder Eisen
- Änderung des Oberdeckels von zweiteilig in einteilig
- Ferner unternahm man einige Versuche, um die Chronometer in antimagnetischer Ausführung herzustellen. Dazu wurde beispielsweise eine Alu-Metallauskleidung im Gehäuse realisiert,die jedoch serienmäßig keine Verbreitung fand.
Erstmals wurde 1934/35 ein solches Ankerchronometer mit der Nr. 692 nach Hamburg zur Prüfung geschickt. 1935/36 folgte Nr. 691. Die Bezeichnung für diesen Chronometertyp ist BO 300. Die Fertigung endet 1942 mit der Nr. 1430, so dass mit den bereits vor Beginn der offiziellen Nummerierung hergestellten Chronometer insgesamt 435 Stück produziert sind. Ein Hinweis 121, dass nach 1942 mehr und mehr Chronometer mit Ankerhemmung gefertigt wurden. ist mit Sicherheit nicht auf die Ankerchronometer BC 300 zu beziehen. Eine Herstellung solcher Ankerchronometer ist nach 1945 nur in sehr begrenzter Anzahl erfolgt. Dazu wurden offensichtlich die wenigen noch vorhandenen Rohwerke benutzt.
So erschienen im Verkaufsbuch folgende Nummern:
An Ankerchronometern hat man bei Lange zahlreiche Experimente ausgeführt. Nr. l056 hat eine Kontakteinrichtung zum Steuern elektrische Ströme und einen Feststeller zur Arretierung der Unruh. Versuchsweise wurde auch die kardanische Aufhängung durch eine elastische Buna-Aufhängung (synthetischer Gummi) ersetzt, mit ihr sollte eine Eliminierung von Erschütterungen während des Ganges auf dem Transport erzielt werden.
- Nr. 658, am 2.12. 1946;
- Nr. 1069 am 24.11. 1946;
- Nr. 1265 am 3. 4. 1946;
- Nr. 1426 am 18.4. 1946;
- Nr. 1271 am 30. 5. 1947;
- Nr. 1274 am 12. 2. 1948;
- Nr. 1434 am 19. 10. 1948.
Ob von den dazu verwendeten Chronometern der Nummern 1081 - 1085 ein Exemplar erhalten blieb, ist nicht bekannt. In den Aufzeichnungen zu dieser Art Befestigung im Kasten findet sich nur der Hinweis: 'Einfaches Gelenk mit Arretierung bei 111'. Gummiring innen 109 mm, außen 165 mm, Stärke 5 mm. Ein weiteres Ankerchronometer Nr. 699 hat eine elastische Aufhängung, deren Wirkprinzip auf im Kasten und dem Chronometer befestigte Schraubenfeder' basiert. Diese Aufhängung hat sich aber nicht bewährt.
Experimentiert wurde aber auch am klassischen Chronometer stets jedoch mit dein Ziel, neue Werkstoffe zu testen, höhere Gangleistungen zu erzielen, oder die Fertigungsmethoden zu verbessern. Man baute auch auf Wunsch Sonderausführungen, wie z. B. 1928 für U. C. Boessen aus Kopenhagen ein Chronometer mit im Gestell eingenieteten Pfeilern, einer Unruh mit Elinvarspirale und Messingsperrad. Ein Chronometer - die Nr. 606 - wurde versuchsweise mit eingefetteter Spirale am 30.10. 1928 zum Wettbewerb eingeschickt und erreichte einen 1. Platz. Danach wurde dieses Chronometer in Stemzeit reguliert und im Oktober 1929, die Sowjetunion verkauft. Die gefettete Spirale blieb aber eine Ausnahme, trotz hervorragender Gangergebnisse. Chronometer Nr. 611 erhielt eine Sternzeitregulage bei einem 24-Stunden-Zeigerwerk und eine Kontakteinrichtung zur Steuerung von elektrischen Strömen im Sekundentakt. Dieses Chronometer wurde 1929 nach China geliefert.
In geringen Stückzahlen hat man auch die Anzeige der Sekunde in, Zentrum des Zifferblattes realisiert, so z.B. am Chronometer Nr. 698. Das Chronometer Nr. 640 hat eine von außen bedienbare Zeigerstellvorrichtung. Das Chronometer Nr. 523 ist eine Besonderheit. es hat keine Kardanaufhängung, jedoch einen Sekundenkontakt. Der Chronometerkasten besitzt anstelle der Glasscheibe einen Schiebedeckel.
Hatte man bis Ende 1942 die Freiheit zur Wahl des Rohwerkelieferanten, so war man ab Januar 1943 durch Reichsluftfahrtministeriums dazu verpflichtet, eine weitgehende Normung der Chronometerrohwerke einzuhalten. Es ist daher sehr wahrscheinlich. dass ah 1943 alle Gestelle für Chronometer von der Hamburger Firma Wempe nach Glashütte geliefert wurden. Darauf deutet die Aufzeichnung 'Gestelle von Hamburg zwangsweise'. Räder und Triebe wurden in Glashütte selbst gefertigt. Die Nummerierung beginnt in Glashütte ab Nr. 5001 im Januar 1943.
Das Einheitschronometer hat folgende Merkmale:
Nicht ganz sicher ist, ob bereits mit Beginn des Baues von Einheitschronometern die Zugkette vollständig durch das Zugband ersetzt wurde. Das letzte Einheitschronometer wurde im August 1947 in Glashütte mit der Nr. 5870 gefertigt. Es ist sicher, dass nicht alle Einheitschronometer in Glashütte mit Bakelitgehäusen und Bakelitkardanringen ausgerüstet sind, denn solange der Vorrat reichte, wurden die noch vorhandenen rohen Gehäusetöpfe und Schweberinge aus Messing verbaut.
- Schneckenräder vergoldet.
- Gehäuse und Kardan aus Bakelit. Später wurde ab Nr. 5100 ein schweres Bodengewicht wegen Untergewicht des Gehäuses zur Stabilisierung der Lage eingesetzt.
- Einheitliche Griffe und Kastenverschluß.
- Ab Nr. 5091 vergoldete Laufwerksräder.
- Ab Nr. 5111 Verringerung der Unruhhöhe auf 3.8 mm, um eine Gewichtsreduzierung und somit Senkung des Antriebsmomentes zu erreichen.
- Entgegen der Hamburger Konstruktion wurde in Glasbütte die Gegenfeder ab Nr. 5201 konstruktiv geändert.
- Augenscheinlichste Änderung am Einheitschronometer ist die Reduzierung der Anzahl der Werkpfeiler von 4 auf 3.
- Federhausdeckel unten.
- Vergrößerung der Schneckenhöhe auf 12,2mm (Kal. 100 11,4 mm).
- Verringerung der Zeigerwerkshöhe auf 7 mm Kal. 100 8 mm).
- Vergrößerung des Werkringes auf 104 mm (Kal. 100 102 mm).
- Eine neue Gangfederstellung (Kal. 100 hatte eine Fußfeder).
- Entgegen der Meinung in 131 Seite 16, dass die Auflage an drei Punkten die sicherste Lagerung ergibt, stellte sich selber rasch in der Montage heraus, dass durch diese Dreipunkt-Auflage die Oberplatte sehr leicht kippen kann, was zu vielen Zapfenbrüchen an Laufwerksrädern führte.
Eine kriegsmäßige Ausführung stellte das so genannte B-Chronometer dar. Dabei handelt es sich um ein Chronometer, dessen Werk ein Beobachtungsuhrwerk Kal. 48 ist, das unter einem 0 100 mm Zifferblatt exzentrisch angeordnet ist und eine spezielle umkonstruierte Anzeige für den Ablauf des Federhauses hat. Der Gehäusetopf wurde aus Messing oder Bakelit gefertigt. Der Mahagonikasten hat die gleichen Abmessungen wie das Kal. 100 und das Einheitschronometer (185 x 185 x 180) mm3, so dass es sich auf den ersten Blick von diesen äußerlich nicht unterscheidet. Der Aufzug erfolgt mittels seitlich herausgeführter Krone am Gehäusetopf.
Diese Chronometer waren nur für die küstennahe Schifffahrt vorgesehen, und sind eine Art Notchronometer, denn der Bedarf an Chronometern konnte im Kriegsverlauf nicht mit dem Einheitschronometer aus Glashütte und Hamburg gedeckt werden, da aus Hamburg infolge von Bombenschäden in der Fa. Wempe teilweise keine Lieferungen von Rohwerken nach Glashütte erfolgte.
Im Jahre 1944 wurde bei Lange mit dem Beobachtungsuhrwerk Kal. 48 ein Chronometer konstruiert, dessen äußere Abmessungen denen der Torpedoboot-Serie entsprachen. Es erhielt die Bezeichnung Kal. 48 T 121. Die Zifferblatt-Durchmesser ist 65 mm. Die Kasten-Außenabmessungen betragen (128x 128x 143) mm3. Von ehemals 5 Musterexemplaren ist nur ein Stück erhalten. Das in dem Artikel 'Ein Torpedoboot-Chronometer Kal. 48 von A. Lange und Söhne' aus dem Jahr 1944 beschriebene Exemplar befand sich während des Bombenangriffs am 8. Mai 1945 auf die Fabrikationsgebäude von Lange außer Haus. Die übrigen 4 Exemplare wurden zerstört. Allerdings entspricht der beschriebene Glasreifen nicht mehr dem Originalzustand. Die 4 'eigenartigen Ausschnitte im Rändel des Glasreifens mussten nachträglich eingefeilt werden, weil das Rändel an den jetzigen Fehlstellen während des Öffnungsvorganges des total festgefressenen Glasreifens auf dem Gehäusetopf trotz allergrößter Vorsicht beschädigt wurde.
Es war von Kal. 48 bekannt, dass die Ausnutzung der Gangreserve von 56 Stunden dazu führt, dass mit Ablauf des Federhauses die Konstanz des Ganges negativ beeinflusst wird. Diese Eigenschaft wurde mit vielerlei Tricks und konstruktiven Eingriffen zu kompensieren versucht, führte aber zu keiner Perfektion.
1944 wurde im Haus Lange die Idee eines kreativen Mitarbeiters verwirklicht und ausgeführt. indem ein doppeltes Federhaus mit hintereinander wirkenden Federn das Räderwerk der Beobachtungsuhr zu ausgezeichneten Gangergebnissen antrieb. Die Kriegsereignisse verhinderten jedoch ein Überleiten der vielversprechenden Versuchsergebnisse zur praktischen Serienanwendung. Erst viele Jahre später ist ein Torpedoboot-Chronometerrohwerk, dem alle noch möglichen Teile fehlten, derart, wie beschrieben, fertiggestellt worden. Es befindet sich heute in Privatbesitz und ist in einem sehr feinen Zustand erhalten.
Die Beseitigung der Kriegsschäden verzögerte den Neubeginn der Chronometerfertigung bis in das Jahr 1947. Man vollendete zwar die Exemplare noch vorhandener Rohwerke des Einheitschronometers. diese mussten dann aber im Rahmen der Reparation und zur persönlichen Bereicherung einiger sowjetischer Offiziere, hauptsächlich der Roten Armee, übergeben werden. Inwieweit noch Exemplare von Rohwerken dazu aus Hamburg bezogen wurde, ist nicht feststellbar. Es ist jedoch fast unmöglich, dass dies noch der Fall war.
In diese Zeit fällt auch die Kopierarbeit der Zeichnungs- und technischen Dokumentation im Hause Lange für eine Chronometer-Fertigung in der Sowjetunion. Basis für die sowjetische Unikonstruktion war der Zeichnungssatz zum Einheits-Chronometer, was letztlich in vielen Details nach russischen Gesichtspunkten nicht immer zu dessen Vorteil geändert wurde. Mit großem persönlichen Arrangement solch hochbegabter Meister wie Paul und Otto Thielemann, Gustav Gerstenberger und vielen anderen gelang es, im September 1947 die Chronometer-Fertigung mit Kal. 100 wieder im bescheidenen Umfang aufzunehmen.
Eine Aufzeichnung vom 27. 1. 1949 darüber besagt, dass man sich Gedanken machte, wie die noch vorhandenen Teile von Cal E (Einheitschronometer) für Cal 100 aufgearbeitet werden konnten. Es musste gelingen, die Teile, wo wesentliche Unterschiede bestanden. ordnungsgemäß unterzubringen.
Das betraf:
1947 wird die Nummerierung mit Nr. 836 fortgeführt. Dem letzten klassischen Chronometer wurde 1942 vor Beginn des Baues der Einheitschronometer die Nr. 830 gegeben. Beim Gerät Nr. 836 wurde die Zifferblatt-Nr. 756 und bei Nr. 838 die Zifferblatt-Nr. 758 zugeordnet, so dass die Gehäuse und Zifferblatt-Nr. nicht übereinstimmen. Das dürften die einzigen derartigen Ausnahmen sein. Mit Erreichen der Nr. 1000 am 10.8. L949 wird die Nummernfolge bis zur 2001 übersprungen, da ja ab Nr. 1001 die Ankerchronometer gekennzeichnet sind. In der Nummernfolge von 6001 -6025 im Jahre 1946/47 gibt es bis zur Nr. 6016 Doppelbelegungen, da gleiche Nummern im Jahre 1957 nochmals erscheinen, allerdings unterscheiden sich die Chronometer durch ihre Zifferblatt-Firmenaufschrift.
- die Schnecke,
- das Zeigerwerk
- die Gegenfelderstellung
- das Gehäuse wegen der noch vorhandenen großen Menge von 80 Werkringen Kal. L00, die nur einen Außendurchmesser von 102 mm hatten.
- Des weiteren mussten auch noch maßliche Änderungen vorgenommen werden, z.B. der Abstand des Federbodens zur oberen Einschnittkante für den Hakenschnitt und die Wiedereinführung von 4 Werkpfeilern.
Laut Werkstattbuch sind insgesamt unter der Bezeichnung 'Chronometerrohwerke Kal. 05' auch 140 Stück Einzelteilsätze an die Seewarte Gesundbrunnen Burkardswalde bei Glashütte, einer Außenstelle der Seewarte Hamburg, zum Stückpreis von 490 RM geliefert. Diese Einzelteilsätze in der Nummernfolge von 5291 -5590 erschienen nicht im Verkaufsbuch. Es ist nicht dokumentiert, wofür sie verwendet wurden und wo die Exemplare verblieben sind. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Chronometerteilesätze an verschiedene Chronometerfertigsteller übergeben wurden, die dann unter ihrem Namen signiert haben und vielleicht handelt es sich um jene Einheitschronometer, die ohne jede Signatur gelegentlich auftauchen.
- Bis 1949 wird folgender Schriftzug aufgebracht: A. Lange und Söhne Glashütte/Sa.
- Von 1949 - 1951: ,VEB Mechanik A. Lange und Söhne.
- Von 1952 bis etwa zur Chronometer-Nr. 3 500 im Jahre 1955: VEB Glashütter Uhrenbetriebe.
- Ab Nr. 3500 bis etwa Nr. 791)0, (1962): 'Glashütter Uhrenbetriebe'.
- Und ab Nr. 7900: 'Glashütte'.
- Die Briefköpfe der Rechnungen für gelieferte Chronometer haben folgende Aufschrift:
- Bis August 1948: Betrieb der ,VEB (Z) Mechanik A. Lange und Söhne, Glashütte Sa.
- Bis November 1948: Mechanik Lange und Söhne
- VEB.
- Und ab 1.7. 1951: VEB Glashütter Uhrenbetriebe GUB.
Das letzte in Serie gefertigte mechanische Chronometer trägt die Nummer 13190. Es wurde 1978 fertiggestellt. Auf Grund der später wieder einsetzenden starken Nachfrage nach mechanischen Chronometern wurde nochmals eine geringe Stückzahl aufgelegt.
Die Überleitung zur neuen Ära quarzgesteuerter Schiffs-Chronometer vollzog sich 1974. Jährlich werden davon etwa 300 Stück hergestellt. Auf diesen Typ Chronometer hier näher einzugehen, würde jedoch den Rahmen dieser Abhandlungen sprengen.
Zahlreiche Anfragen aus aller Welt zu Glashütter Produkten dokumentieren das große Interessen von Sammlern und Liebhabern an diesen Erzeugnissen.
Inwiefern noch Dokumente der Zusammenarbeit zwischen Glashütte und der Fa. Wempe vorhanden sind, kann zu diesem Zeitpunkt nicht gesagt werden. Bis jetzt wurde in Glashütte nichts derartiges gefunden. Es lohnt sich aber sicherlich ein Informationsaustausch. Sehr wahrscheinlich wird es auch in Zukunft weitere Erkenntnisse und bisher unbekannte Informationen zu Glashütter Chronometern geben - allerdings eben leider nur aus sehr spärlichen Aufzeichnungen, die man mit etwas Glück zielgerichtet findet. Manchmal ist es ein wenig schwierig, den 'Stoff' zu verarbeiten, weil er nicht selten Widersprüche zu bereits gedruckten Veröffentlichungen birgt.
In den 105 Jahren Chronometer-Fertigung in Glashütte hat es viele außergewöhnlich begabte Chronometermacher und Reguleure gegeben, die allerdings nicht immer bereitwillig ihre Erfahrungen und Kenntnisse an die nach-folgende Generation weiter-vermittelten, sondern sie mit ins Grab nahmen. Trotzdem hat es nie einen Mangel an fähigem Nachwuchs gegeben. Es gibt keine Chronometermacher und Reguleure ohne hervorragendes theoretisches Wissen, Geschick und Feinfühligkeit, denen es gelingt. solch faszinierenden Gebilden aus Metall dieses wunderbare Aussehen zu geben und gleichzeitig eine nahezu Vollkommenheit der Funktion zu erzielen. Dessen sind sich die Glashütter Chronometermacher bewusst, und gerade das verpflichtet sie zu dieser Tradition.
Literatur:
1 Festschrift zum 75-jährigen Firmenjubiläum 1920 der Firma A. Lange und Söhne2 Jörg Hein: 'Ein Torpedoboot-Chronometer Kal. 48 T von A. Lange und Söhne aus dem Jahre l944 'Alte Uhren und moderne Zeitmessung', Nr. 2 1989 Verlag Georg D. W. Callway, 8000 München
3 Manfred Lux: Wempe Chronometerwerke Hamburg 'Zwischen Tradition Handel und Fertigung' in 'Alte Uhren und moderne Zeitmessung' Nr. 6/90 Verlag Georg D. W. Callway, 8000 München
4 Karl Friebel: 'Der Zweifederhaus-Antrieb' in 'Alte Uhren und moderne Zeitmessung', Nr. 5/90 Verlag Georg D. W. Callway, 8000 München